20.02.2012

Animo Aeger - Fieber | 2012 | Ashen Productions | CD | Black Metal

Fieber heißt die neue Veröffentlichung Animo Aegers, die zwei Jahre nach dem tollen Debütalbum Impuls nun auf die Menschheit losgelassen wird. Gelistet wird Fieber zwar als Minialbum, kommt aber dennoch auf knapp 39 Minuten Spielzeit. Minialbum deshalb, weil es sich nur bei den ersten fünf Titeln um neues Material handelt. Die beiden letzten Lieder sind zwei ältere Rehearsal-Stücke.

Schon gleich im ersten Stück Die Gedanken ans Gefüge merkt und hört man die Veränderung. Der Klang ist wesentlich professioneller als auf Impuls. Die Instrumente ertönen lauter und klarer, zudem auch weniger dünn und rau. Aber dies ist nicht die einzige Neuerung. Auf Fieber gibt es in verschiedenen Abstufungen zahlreiche unverzerrte Stimmen zu hören. Dies ist für Animo Aeger zwar kein Novum, in dieser Ausprägung aber dennoch neu. Gleich am Anfang von Die Gedanken ans Gefüge bekommt man verzerrten Kreischgesang sowie Klargesang gleichzeitig zu hören, was sich sehr wahnsinnig und eindringlich, abgefahren und verstörend anhört. Aber nicht nur gesanglich ist das Lied vielfältig und wahnwitzig, auch die instrumentale Darbietung ist abwechslungsreich und reicht von ruhigen und atmosphärischen Akustikgitarrenparts bis hin zu schnellen sowie aggressiven Ausbrüchen.

Ein wesentliches Merkmal dabei sind die Gitarren. Es gab ja bereits auf Impuls viele großartige Riffs und Melodien zu hören, die Tiefgang und Gänsehautcharakter haben. Auf Fieber ist es nicht anders, es gibt in jedem Lied wunderbare Gitarrenläufe zu hören, die sowohl zum Augen schließen und träumen verführen als auch kraftvoll zupackend und energisch sind. Da der Klang im Vergleich zu Impuls wesentlich druckvoller und klarer ist, wirken die vier neuen Kompositionen (bei ... ist lediglich Stille zu hören) zudem auch sehr modern, manchmal regelrecht progressiv. Denn es ist ständig etwas in Bewegung, der Gesang ist wie gesagt überaus variabel. Klargesänge wechseln sich mit Kreischgesang und manchmal sogar tiefem, kehligem Death-Metal-Gegurgel ab. Monotonie und Eingängigkeit gibt es im Grunde nicht, auch wenn es natürlich vereinzelt geradlinige Passagen gibt, so lebt die Musik auf Fieber doch von der lebhaften Veränderung - ohne jedoch zu überladen zu sein. Zudem spielen Animo Aeger auf Fieber geschickt mit unterschiedlichen Stimmungen, die innerhalb von kurzer Zeit durch Gegensätze aufgelöst werden. In Schabe und Kolkrabe teilen sich das Weltenende gibt es beispielsweise eine fröhliche und melodisch lebhafte Passage mit sonnigem Klargesang, was sich sehr positiv anhört, fast schon ins Schunkelhafte geht, um nur wenig später von einer düsteren, schweren und melancholischen Passage abgelöst zu werden.

Die vier (bzw. fünf) neuen Lieder zeugen von großartigem Dark/Black Metal mit jeder Menge verstörendem Wahnsinn und großartigen Melodien. Animo Aeger haben zweifelsohne ihren eigenen Stil, doch brauchen sie sich hinter Größen wie etwa Bethlehem (die ohnehin stark nachgelassen haben) oder auch Nocte Obducta nicht im Geringsten zu verstecken. Die beiden Rehearsal-Stücke runden den überragenden Gesamteindruck angenehm ab, da man hier noch sehr schön das Rohe und Ungeschliffene früherer Tage spürt - was natürlich ein wenig an Impuls oder auch Wolfsvisionen erinnert. Ich bin überrascht, wie gut es funktioniert, sich klanglich so professionell weiterzuentwickeln. Im Vorfeld wäre ich skeptisch gewesen, da ich auch das Wüste und Rohe von Impuls sehr zu schätzen weiß. Animo Aeger haben also alles richtig gemacht und Fieber ist ein vielschichtiges und stimmungsreiches Werk, das wohl für viele neue Hörer sorgen dürfte.


9/10
Aceust

01. Die Gedanken ans Gefüge
02. Heufeuer: Man war gewarnt
03. Schabe und Kolkrabe teilen sich das Weltenende
04. Zweifel
05. ...
06. Der letzte Diamant
07. Spuck mich ins Nirgendwo!

http://www.ashenproductions.net/animoaeger.html

07.02.2012

Permafrost - Porcus Christus | 2012 | Nebelklang

Zuletzt war es um PERMAFROST etwas ruhig, die letzte Studio-Veröffentlichung, die Split mit MENNESKERHAT und ANNIHILATION 666, liegt gute drei Jahre zurück und das letzte Album erschien 2008. Nun gibt es eine EP mit fünf neuen Liedern, wobei man die Ein- und Ausleitung eigentlich nicht mitzählen kann, sowie zwei Bonusstücke. Ich bin Gott ist der Kompilation Dawn Of The Antichrist entnommen und Suizid gab es bisher lediglich auf der ersten Kassettenversion von Pervers & Geisteskrank. Aber nicht nur diese Tatsache dürfte für Anhänger von PERMAFROST ein Kaufanreiz sein. Die Extremisten sind sich treu geblieben und geben auf Porcus Christus teuflischen, aggressiven und menschenverachtenden Black Metal zum Besten.

Das Titellied Porcus Christus ist im ersten und letzten Drittel zwar langsam und geschwängert durch ruhige, dunkle Riffs sowie dem eindringlichen Kreischgesang, doch in der Mitte machen PERMAFROST keine Gefangenen und spielen angenehm schnell und bestialisch auf. Das wesentlich kürzere All For Satan ist von Anfang an satanisches Gemetzel, in dem es aberwitzige Schnelligkeit und einfache, prägnante Riffs zu hören gibt. Lediglich eine sehr kurze Ruhephase im letzten Drittel, mit leicht thrashigem Einschlag à la NIFELHEIM, lockert das ansonsten überaus aggressive Lied ein wenig auf. Der Teufel, das letzte der drei neuen Stücke, beginnt sehr langsam und mit Keyboardbegleitung, was sehr überraschend ist, angesichts der zuvor versprühten Blutrünstigkeit und der bekannten Kompromisslosigkeit von PERMAFROST. Der Teufel ist jedenfalls ein langsames dunkles Lied, in dem die Keyboardklänge unheilvoll aber majestätisch im Hintergrund zu hören sind und der sehr ruhige aber energische sowie gut verständliche Kreischgesang, stark im Mittelpunkt steht. Der Teufel ist ein böses sowie überraschendes Lied, welches PERMAFROST aber gut zu Gesicht steht.

Nach dem Ausklang folgen dann die zwei Bonusstücke. Suizid, welches wohl nur den wenigsten bekannt sein dürfte, ist über 14 Minuten lang. Der Name ist hier Programm. Suizid ist ein langsames Lied mit gefühlvollem Riffing, welches Melancholie und Wehmut versprüht. Selbst der Gesang ist emotional aufgeladen und setzt verzweifelt anmutende oder auch klagende Akzente. In Ich bin Gott gehen PERMAFROST dann wieder derbe zur Sache und lassen ihrer kompromisslosen, aggressiven Neigung freien Lauf. Ich bin Gott ist schnell, die Raserei überaus minimalistisch, während die mittelschnellen Passagen hingegen durch gutes Riffing aufwarten. Im letzten Drittel gibt es gar düster gespielte Klargitarre zu hören, was dem Stück nicht nur Abwechslung sondern auch eine böse und dunkle Atmosphäre verleiht.

Porcus Christus ist eine rundum überzeugende Veröffentlichung, die wohl für jeden Anhänger PERMAFROSTS ein Pflichtkauf darstellt. Neben klassischem Gemetzel den man von der Gruppe kennt, gibt es auch unerwartetes und auch die Bonusstücke sind mehr als nur blanker Kaufanreiz. Wer sich Porcus Christus entgehen lässt, ist selber schuld. Hier gibt es erstklassigen, kompromisslosen und bestialischen Untergrund Black Metal aus Deutschland.


8/10
Aceust

01. Einleitung
02. Porcus christus
03. All for satan
04. Der Teufel
05. Ende
06. Suizid
07. Ich bin Gott

http://permafrost-horde.de/

05.02.2012

Mortis Mutilati - Sombre NeurasthÉnie | VERÖFFENTLICHT: 2012 | PLATTENFIRMA: Naturmacht Productions

MORTIS MUTILATI wurde erst im März 2011 gegründet, doch das Debütalbum Sombre Neurasthénie ist nach zwei Demos und einer Split bereits die vierte Veröffentlichung. Zudem handelt es sich bei MORTIS MUTILATI um ein Einmannprojekt, ist also Vorsicht geboten?

Sombre Neurasthénie ist auf Kassette erschienen und beinhaltet auf 48 Minuten verteilt melodischen sowie atmosphärischen Black Metal. Für den melodischen Aspekt ist ausschließlich das Gitarrenspiel zuständig. MORTIS MUTILATI kombiniert im Grunde melodischen, riffbetonten Black Metal in schleppender Rhythmik mit einem stark verzerrten, harschen Kreischgesang. Kurze schnelle Einlagen, die durch monotones Tempo auffallen, stellen einen kleinen Kontrast zum sonst ruhig gestalteten Inhalt dar. Auch wenn es zumeist langsam zugeht, hat MORTIS MUTILATI aufgrund des vielfältigen Gitarrenspiels für jede Menge Abwechslung gesorgt. Sowohl verzerrte als auch klare Gitarren kommen zum Einsatz. Manchmal stehen die melodischen Riffs stark im Vordergrund und ertönen gar lieblich und verträumt. Meistens hört sich das auch gut an, obgleich MORTIS MUTILATI sich manchmal fast schon verzettelt und den Riffs zu viel abverlangt, was dann kurzweilig nervt. Dies geschieht aber nicht allzu oft.

Da die Kompositionen insgesamt ruhig und atmosphärisch gelagert sind, kann sich manchmal so etwas wie Langeweile einstellen. Mir geht es jedenfalls so, dabei spürt man aber das Streben des Musikers nach Wiedererkennungswert, indem er an einer Stelle eine Frau eine Textzeile einsingen lässt oder andernorts auf ein Piano zurückgreift. Die einzelnen Stilelemente sind für sich genommen nicht schlecht, aber an der gesamten Konzeptionierung ließe sich noch feilen. Für ein Einmannprojekt ist Sombre Neurasthénie aber gewiss nicht schlecht, da habe ich schon viel schlimmeres gehört. Im direkten Vergleich zu anderen Solokünstlern schneidet MORTIS MUTILATI sogar recht gut ab, da es hier keinen plumpen Depressive Black Metal zu hören gibt, wie es ja meistens der Fall ist. Sombre Neurasthénie klingt sehr eigenständig und ist sehr melodisch. Man muss melodischen Black Metal in jedem Fall mögen um an dieser Veröffentlichung gefallen zu finden. Für meinen persönlichen Geschmack ist der melodische Aspekt zu stark vertreten, doch kann man das Album all jenen empfehlen, die melodischen und atmosphärischen Untergrund Black Metal mögen. Gute Ansätze sind in jedem Fall vorhanden und für eine Einmanngruppe ist das Material tatsächlich nicht schlecht. Insofern muss ich die eingangs gestellte Frage nach der Vorsicht verneinen. Für Kassettenfanatiker also durchaus von Interesse, sofern der melodische Aspekt nicht abschreckt.


6/10
Aceust

01. Intro
02. Concession perpétuelle
03. Sombre neurasthénie
04. Mortis mutilati
05. Taphophillia
06. Le dernier souffle
07. Outro

01.02.2012

Interview: Seelenfrost



HATEFUL METAL: Grüß Dich, Semgoroth!
Zunächst einmal Gratulation zum großartigen neuen Album! Ich nehme an, ihr seid über „Nostalgia - Zwischen Zukunft und Vergangenheit“ doch sehr zufrieden, oder?


Semgoroth: Grüß dich, Aceust, erstmal vielen Dank für das Interesse und die lobenden Worte! Ich weiß nicht genau, was überwiegt: die Freude, dass wir nach gefühlten Ewigkeiten mit dem Album fertig geworden sind oder das Resultat. Wie dem auch sei, wir sind persönlich sehr zufrieden, wenngleich es natürlich einige Makel gibt, die wir das nächste Mal besser machen wollen. Aber definitiv stellt es unseren bisherigen Höhepunkt dar.


Um welche Makel handelt es sich denn? Natürlich kann man immer etwas besser machen, aber worin seht ihr Verbesserungsbedarf? Eher produktionstechnischer Natur oder spielerischer, bzw. das Material betreffend? Ich frage, weil die klangliche Entwicklung doch enorm ist, wenn man das Album mit früheren Werken vergleicht.

Etwas Genaues zu nennen ist schwierig, aber Mixing-technisch kann man sicher noch einiges besser machen, aber wir haben erstmals ein solch umfangreiches Projekt selbst gemischt und gemastert, und dafür ist es, denke ich, ganz gut geworden. Aber wir haben viele Fehler gemacht, die wir nächstes Mal nicht mehr machen werden. Mit dem Material an sich sind wir aber sehr zufrieden, außer, dass halt einige Songs mittlerweile ein paar Jahre auf dem Buckel haben.


Die noble Kassettenbox war ja ziemlich schnell ausverkauft, was für die Qualität spricht, aber gab es eigentlich auch kritische Stimmen? Ich frage dies, da ihr euren Stil im Vergleich zu „Metamorphosis“ ein wenig verändert und weiterentwickelt habt. Und wo es Veränderungen gibt, werden immer auch kritische Stimmen laut.


 
Ich muss ehrlich sagen, dass es fast ausschließlich positive Rückmeldungen gab. Natürlich gibt es, wie bei so ziemlich jeder Band, Schwätzer, die alles schlecht reden, ohne sich jemals die Musik anzuhören oder halt jene, denen die Musik einfach nicht gefällt, aber der Großteil war positiv, um nicht zu sagen überwältigend.


In meiner Rezension zum neuen Album habe ich eine Mutmaßung über den Sinn des Albumnamens angestellt. „Zwischen Zukunft und Vergangenheit“ lässt dem Hörer ja viel Interpretationsspielraum. In Anbetracht der musikalischen Entwicklung, musste ich daran denken, dass diese Namenswahl auf die Entwicklung und Veränderung von Seelenfrost anspielt. Immerhin ist es ja das professionellste Album und könnte somit eine besondere Stelle in der Historie Seelenfrost markieren. Liege ich da ungefähr richtig oder bedeutet der Name etwas gänzlich anderes?

Ich gebe eigentlich relativ ungern Interpretationsansätze, wenn es um unsere Musik oder Texte geht, zumal sie nicht von mir stammen. Ich jedenfalls interpretiere den Titel ziemlich ähnlich wie du. Auch wenn das Album eine neue Seite von uns zeigt, ist es gleichermaßen eine Rückkehr zu dem, was unsere Musik ausmacht(e). Es ist, wenn man das so sagen mag, die Quintessenz SEELENFROSTs, alte Stücke mit neuen verbindend und gleichzeitig ein großer Schritt nach vorne. Das kommende Liedgut wird diesen Weg weitergehen und noch vertiefen.


Relativ ungern, da muss ich natürlich nachhaken, zumal ihr - soweit ich das beurteilen kann - ja auch keine Texte abdruckt. Die Liednamen geben natürlich einen kleinen Einblick, worum es sich inhaltlich dreht, aber weshalb diese Verschlossenheit? Keine Lust sich von Neunmalklugen und Besserwissern analysieren oder gar „auslachen“ zu lassen?

Eigentlich haben wir in der Vergangenheit relativ oft Texte abgedruckt, wenn ich an „Metamorphosis“, „Im Schatten toter Worte“ oder auch „Ein Gedicht“ denke, ebenso die beiden „Nostalgia“-Kassetten. Insofern haben wir da keine Scham oder dergleichen, zumal ich Rutans Texte ziemlich original und überdurchschnittlich gut finde. Und sollte jemand die Texte peinlich finden juckt uns das relativ wenig. In der CD-Version von dem aktuellen Album werden auch die meisten Texte abgedruckt sein.


Wie ist es eigentlich zu dieser Entwicklung gekommen? Die früheren Sachen die ich von euch kenne, sind klanglich allesamt ziemlich roh und wüst, da erscheint einem „Nostalgia - Zwischen Zukunft und Vergangenheit“ regelrecht professionell - zumal der letzte Teil der Nostalgia Trilogie sogar die früheren Lieder in überarbeiteter Form beinhaltet.




Nun, die Frage lässt sich im Prinzip einfach beantworten. Wir hatten erstmals die Möglichkeit, das Schlagzeug (mitsamt neuem Schlagzeuger) professionell in einem Studio aufzunehmen und so kam es dann halt dazu, das Ganze generell professioneller anzugehen, produktionstechnisch. Natürlich hätten wir das Album auch wieder mit unserem analogen 8-Spur Aufnahmegerät aufnehmen können, aber wir wollten selbst wissen, wie wir uns in verbessertem Klanggewand anhören. Und letztlich wären viele kleinere Details verloren gegangen, wenn wir den „alten Weg“ gegangen wären.


Trotz aller dezidierter Rohheit gab es auch auf den früheren Veröffentlichungen einiges an subtiler Melodik. Auf eurem letzten Werk tritt das Melodische jedoch viel mehr in den Vordergrund, was man natürlich auch durch den Neuzugang von Nostarion merkt, der das Violoncello spielt. Wie kam es dazu? Wolltet ihr unbedingt ein Streichinstrument haben und habt jemanden gesucht oder ergab es sich einfach zufällig?

Auf jeden Fall bringt das Violoncello von Nostarion eine viel größere Melodik mit sich, aber auch die Gitarren spielen mehr Leads als zuvor, die zum Großteil von unserem Schlagzeuger stammen, der da immer sehr kreativ ist. Das mit Nostarion hat sich gewissermaßen zufällig ergeben, wobei ich klassische Instrumente im Black Metal-Bereich schon immer als sehr bereichernd erachtete. Nachdem ich bei IDHAFELS als zweiter Gitarrist dazugeholt wurde und Nostarion dort die Keyboards übernehmen sollte, lernte man sich halt kennen und so kam eins zum anderen.


Auf „Nostalgia - Zwischen Zukunft und Vergangenheit“ gibt es ja nicht nur melodisches zu hören. Rohen Black Metal, der geradlinig und schnell ist, fehlt deshalb nicht. Wie wichtig ist es für euch, das Black Metal immer auch dreckig, fies und gemein bleibt?

Nun, ich stehe eher weniger auf diese ganze suizidal-depressiven Weinereien, für mich sollte Black Metal letztlich flott, „dreckig, fies und gemein“ sein, wie du so schön sagst. Ein wenig Melancholie schwebt bei uns sicher immer mit, aber Black Metal sollte eben unschön sein. Das kommende Werk wird auch wieder aggressiver, aber auch abwechslungsreicher werden, zumindest vom jetzigen Standpunkt aus. Insofern, wir fühlen uns in diesen Gefilden wohl und das wird auch so bleiben.

Seelenfrost gibt es ja seit sechs Jahren, in dieser Zeit habt ihr bereits neun Tonträger veröffentlicht. Woher kommt der Impuls, in solch kurzen Abständen Musik zu schreiben und aufzunehmen?

Naja, es ist ja schon „besser“ geworden, haha. Klar, das schreckt im ersten Moment ab, auch wenn es da andere Vertreter in dieser Musiksparte gibt, die eine weitaus vollere Diskografie in weniger Zeit hinbekommen. Es hat sich einfach immer ergeben, im Prinzip schreibe ich seit der ersten Demo durchgehend Musik, mal mehr, mal weniger. Zwischen dem letzten Album „Metamorphosis“ und der neuen „Nostalgia“ liegen ja immerhin zwei Jahre, da wir diesmal viel mehr Arbeit in die Songs an sich gesteckt haben. Je mehr Mitglieder, desto mehr kreativer Input und mehr zeitlicher Aufwand. Daher wird es bei dem neuen Liedgut auch noch eine Weile dauern, bis es veröffentlichungsreif ist. Man darf aber gespannt sein.


Ist es da vielleicht nicht auch schwierig, Inspiration für Neues zu finden? Woher kommt die Inspiration?

Anscheinend nicht, hehe! Ich, bzw. wir, versuchen nicht, auf Teufel kommt raus neue Musik zu schreiben. Wir lassen uns von keinem unter Druck setzen, warum auch? Wenn die Musik fließt, dann schreiben wir eben neue Songs; mal schreibt und arrangiert man während einer Probe einen ganzen Song, mal schleppt man Riffs und Teilarrangements monate- oder gar jahrelang mit sich herum. Irgendwann macht es „klick“ oder eben auch nicht. Inspiration kann man denke ich aus allem ziehen, sei es das Leben an sich, die Natur oder andere Musik und Kunst. Gefühle eignen sich aber sicherlich mit Abstand am besten, ich persönlich schreibe die besten Riffs, wenn ich angekotzt oder generell mies drauf bin.


Na da musst Du in der Entstehungsphase von „Metamorphosis“ ziemlich schlecht drauf gewesen sein. Ich empfinde viele Riffs auf dem Album als ziemlich düster und schwer, obgleich sie oftmals auch zugleich grantig und beinahe schon harsch wirken. Ist Dir der lyrische Inhalt wichtiger oder stattdessen der musikalische und emotionale Ausdruck? Ich persönlich bin ja der Meinung, dass Texte viel zu überbewertet sind und ergreifende Klänge um ein vielfaches wichtiger sind als wohlformulierte Ansichten und Thesen. Ein gutes Riff kann für mich tausend mal mehr erzählen und vermitteln, als ein anspruchsvoller oder gar philosophischer Text.

In der Tat, „Metamorphosis“ ist mit Abstand das düsterste und aggressivste Werk bisher, gerade deshalb höre ich es mir auch heute noch sehr gern an. Um zum zweiten Teil der Frage zu kommen, mir persönlich ist der musikalische Aspekt wichtiger, ich wäre wohl ein richtig schlechter Texter, daher schreibt Rutan auch 90% aller Texte. Hier und da hat D.F.D.E. nun auch seine Finger im Spiel. Ich sehe es so, dass gute Texte ein gutes Musikstück noch weiter bereichern können, aber plakative und plumpe Texte würden für mich jetzt in aller Regel kein Album komplett kaputt machen. Die meisten Texte versteht man ohne Textvorlage ohnehin kaum, bei den meisten Gruppen zumindest. Ich muss aber anmerken, dass ich wirklich froh bin, dass Rutan und D.F.D.E. ziemlich viel Wert auf die Texte und deren Abläufe legen.


Ihr legt auch großen Wert auf eine ansprechende und anständige Optik was die Kassetten betrifft. Da steckt viel Aufwand und Herzblut drin. Sowohl „Metamorphosis“ als auch „Nostalgia - Zwischen Zukunft und Vergangenheit“ sind sehr aufwändige Kassetten-Produktionen, die sicherlich auch viel Geld gekostet haben. Dabei handelt es sich aber immer um Eigenproduktionen, wie kommt das? Habt ihr bisher einfach noch keine Plattenfirma gefunden, die euren Ansprüchen genügt?

Da kommen einige Faktoren zusammen. Ich bin jemand, der gern alles selbst in der Hand hat und sich um alles kümmert. So weiß man eben, dass alles seine Richtigkeit hat und kann die Ideen der Band am besten umsetzen. Ich denke, es wäre in der Tat schwer gewesen, ein Label zu finden, das die letzten beiden Kassetten in dieser Form umgesetzt hätte. Das soll jetzt nicht heißen, dass wir was weiß ich für hohe Ansprüche haben, aber wir machen es eben gerne schick. Ein Label würde uns aber mit Sicherheit die Arbeit ein wenig erleichtern, aber bisher war nicht das richtige dabei. Es geht mir bei unseren Eigenproduktionen auch nicht um Gewinn oder so, wenn wir am Ende wieder bei null herauskommen, sind wir zufrieden. Natürlich darf man sich gerne mal anhören, wie unverschämt teuer unsere Kassetten sind, aber die Leute sollten mal selbst eine solche Aufmachung finanzieren, dann würden diese Stimmen auch verstummen. Aber naja… Nörgler gibt es immer und diesmal waren sie erfreulicherweise selten.


Welche Bedeutung hat die Kassette als Medium für euch? Ihr habt ja bisher fast alles ausschließlich auf Kassette herausgebracht - was ich persönlich sehr gut finde - was aber eher ungewöhnlich ist, da oft auf CDR zurückgegriffen wird.

Wir haben auch den Fehler gemacht und die ein oder andere CDr veröffentlicht, was ich rückblickend nicht so gemacht hätte. Ich hasse dieses Format, dann doch lieber die gute alte Kassette, auch wenn der Aufwand und die Kosten ungleich höher sind, zumindest wenn man es vernünftig macht. Dass eben so oft auf CDrs zurückgegriffen wird ist sicher nur eine Frage der Kosten. CDs pressen lohnt sich im Demo-Bereich oft nicht und sprengt oft den Kostenrahmen und Kassetten sind vielen zu umständlich (geworden). Nicht wenige besitzen ja gar kein Kassettendeck mehr, was ich persönlich sehr schade finde.


Um beim Analogen zu bleiben. "Metamorphosis“ kommt nun auch auf Vinyl über Fog of the Apocalypse raus. Sind weitere Wiederveröffentlichungen geplant, unterscheidet sich die Vinylversion vielleicht von der Originalkassette?

Weitere Wiederveröffentlichungen sind nicht geplant, nein. Ein Traum wäre gewissermaßen eine Doppel-LP des „Nostalgia“-Albums mit den beiden alten „Nostalgia“-Kassetten als Bonus auf der zweiten LP, um die Trilogie vereint zu sehen. Zumal ich mir die beiden alten Kassetten sehr gut auf LP vorstellen kann, auch klanglich. Aber das dürfte Wunschdenken bleiben, hehe. Die Vinylversion von „Metamorphosis“ wird ein überarbeitetes, alternatives Layout (u.a. das farbige Original des Covers) haben und komplett remastert sein, der Klang unterscheidet sich durchaus deutlich von dem der Kassette, ist aber „breiter“, aggressiver und uriger.


Für das neue Album ist auch eine CD-Version geplant, kannst Du vielleicht diesbezüglich etwas konkretes verkünden?

Die CD wird voraussichtlich als schickes Digipack mit tatkräftiger Unterstützung von tollen, idealistischen Menschen, später dieses Jahr realisiert und ich hoffe, dass der Sommer als Veröffentlichungszeitraum realistisch ist. Ich nenne aber keine genauen Daten mehr, das geht eh nur nach hinten los. Genaues kann man auf unseren Seiten nachlesen, wenn es soweit ist.


Im Laufe der Jahre ist Seelenfrost zu einem Gefüge aus vier Leuten gewachsen. Habt ihr schon mal ein Konzert gespielt oder sind welche geplant oder seht ihr euch ehe als Studioband? Gerade die neuen Sachen mit Violoncello sind ja nicht gerade prädestiniert live auf der Bühne gespielt zu werden.

Naja, wir proben 1-3 Mal die Woche, zumindest D.F.D.E. und ich in aller Regel, insofern scheint unsere Musik durchaus livetauglich zu sein, sonst würde das schlecht funktionieren. Wir haben eigentlich durchaus Lust, livetechnisch mal etwas zu machen, bisher blieb da aber ein ansprechendes Angebot aus. Wie wir das dann live umsetzen würden wissen wir aber noch nicht und müsste besprochen werden. Ich nehme aber an, dass es ein sehr puristisches Konzert werden würde, sehr klassisch und roh. Aber ob es dazu kommen wird, zeigt die Zukunft.


Semgoroth, ich danke Dir für das geduldige Beantworten meiner Fragen. Alles Gute für Seelenfrost und abschließend überlasse ich Dir die letzten Worte.

Vielen Dank dir für das interessante Interview und die mittlerweile schon recht lang andauernde Unterstützung unserer Musik! Danke auch an alle für das viele positive Feedback, haltet bald die Augen nach der „Metamorphosis“-LP offen! Support the underground!