Die italienische Gruppe Mystical Fullmoon wurde
bereits 1994 gegründet und Ende der 1990iger brachte man auch drei,
wohl dem traditionellen Black Metal zuzuordnenden, Veröffentlichungen
heraus - ehe man eine Dekade später das mir nun vorliegende Debütalbum Scoring A Liminal Phase (Ten Strategies For Postmodern Mysticism)
ablieferte. In der ungewöhnlich langen Schaffenspause kam es nicht
nur zu zahlreichen Besetzungsveränderungen, auch änderten die Italiener
ganz offensichtlich ihren Stil. Scoring A Liminal Phase hat
jedenfalls mit den früheren Sachen kaum noch etwas zu tun, stattdessen
frönt man aktuell der Avantgarde respektive dem progressiven und
experimentellen Black Metal. Mystical Fullmoon konnten für die Aufnahmen zu diesem Album zwei namhafte Gastsänger, nämlich Aphazel von Ancient sowie Wildness Perversion von Mortuary Drape
gewinnen. Zudem wurden drei Lieder gemeinsam mit dem „Bulgarian
National Radio Symphony Orchestra“ eingespielt, welches wohl für diverse
Filmproduktionen gebucht wird.
Scoring A Liminal Phase ist ein fast 74 Minuten langes
Album, welches überaus vielschichtig und komplex ausgefallen ist. Neben
traditionellen Zutaten des Black Metals gibt es jede Menge Elektronika
zu hören. Das können „mystische“ Keyboardbegleitungen oder auch Beats
und Anleihen des Industrials sein. Interessanterweise halten sich Mystical Fullmoon wider den Erwartungen nicht mit einem Intro auf, stattdessen beginnt die Scheibe überraschend direkt und hart. As I walk along the dark paths of my soul
bleibt zwar nicht schnell und geradlinig, neben den harten und
schnellen Passagen gibt es auch ruhige und atmosphärische Passagen zu
hören, doch der Einstieg ist für solch ein Album wahrlich nicht
schlecht. Denn es ist ein extrem vielschichtiges Album, das überhaupt
nicht linear verläuft. Allein im ersten Lied As I walk along the dark paths of my soul gibt
es sehr unterschiedliche Parts, was das Ganze natürlich sehr komplex
und vollgeladen wirken lässt. Dies verdeutlicht sich in Per speculum in aenigmate,
einem sehr technischem Lied, in dem es zu sehr vielen rhythmischen
Veränderungen kommt, in dem trockene und technische Arrangements sich
mit orchestraler Begleitmusik vermengen. Im Mittelteil gibt es auch
elektronisch verzerrte Stimmen zu hören, die von melancholischer
Gitarre postmoden und trostlos umspielt werden, ehe zum Ende hin
Klargesänge und jede Menge Elektronika die Fesseln sprengen. Das alles
hört sich gar nicht mal schlecht an, ich finde, die einzelnen Passagen
sind für sich genommen alle recht ansprechend arrangiert worden -
allerdings ist es manchmal einfach sehr viel Abwechslung, sehr viel was
sich in kurzen Abständen verändert und abwechselt. Diese Hülle an
unterschiedlichen Elementen auf engem Raum machen das Album einerseits
interessant, andererseits aber auch schwierig und sperrig.
Obwohl Mystical Fullmoon viele Ideen haben,
wirkt diese moderne und experimentelle Musik nicht zwingend neu. Ab und
zu habe ich den Eindruck, ein Arrangement woanders schon mal gehört zu
haben, ohne jedoch den Ursprung klar definieren zu können. Selbst vor
Jazz machen die Italiener nicht halt. In Daleth: Journey wird Jazz mit rituellem Ambient kombiniert, was sich sehr interessant anhört. Scoring A Liminal Phase
ist kein schlechtes Album, man muss aber in jedem Fall experimentellen
Extreme Metal mögen. Dieser ist hier mal sinfonisch oder bombastisch,
mal stark elektrolastig, mal düster und ab und zu auch geradlinig,
brachial und traditionell. Freunde der Avantgarde können an Scoring A Liminal Phase
ekstatische Freuden haben, denn es gibt sehr viel zu hören und
entdecken, die 74 Minuten des Albums sind definitiv nicht langweilig.
Die Gestaltung des Booklets, welches man zu einem Poster aufklappen
kann, ist ebenfalls ansprechend und typographisch interessant
gestaltet. Eine Investition für Genreliebhaber lohnt sich also in jedem
Fall.
7,5/10
Aceust
01. As I walk along the dark paths of my soul
02. Hives
03. Per speculum in aenigmate
04. Opening the shrine of Janus
05. Daleth: Journey (Visio in Yule)
06. Omen (Capricorn vibe)
07. Limbonica mysteria
08. Progression ov thee revelation: Nigredo in mars
09. Prometheus unbound
10. May wisdom bless my path
http://www.mysticalfullmoon.com/
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen