HATEFUL
METAL: Hallo Patrick,
kürzlich
ist eure vierte Demo-CD "Monument morbider Projektionen" erschienen.
Trotz der nicht gerade geringen Zahl an Veröffentlichungen, dürften Indolenz
den Meisten kein Begriff sein. Deshalb erzähle doch bitte eingangs mal etwas
über euch.
INDOLENZ: Unsere Band besteht nun seit rund 5
Jahren. "Indolenz" sind:
Daniel: Gesang und Gitarre
Floris: Schlagzeug
Jesco: Bass
Patrick: Gitarre und Keyboard
Am Anfang waren Floris und Jesco noch nicht
dabei, und so haben wir zu zweit die ersten 3 CDs am heimischen PC aufgenommen,
wobei wir einen Drumcomputer einsetzten. Erst Ende 2001 haben wir angefangen,
in der kompletten Besetzung zu spielen und hatten seither einige Live-Auftritte
im Umkreis Wilhelmshavens. Im Frühjahr 2004 haben wir unsere erste CD mit
echtem Schlagzeug aufgenommen ("Monument morbider Projektionen"), die
Musikrichtung kann man am ehesten als Blackmetal mit einigen
Deathmetal-Einflüssen beschreiben, wobei wir keine Coversongs spielen, sondern
ausschließlich Eigenkompositionen.
Mir sind
lediglich zwei Werke von euch bekannt, das Letzte sowie "Kataklysmen
irdischer Erinnerung". Zwischen beiden CDs liegen Welten. Wie kam es zu
diesen heftigen Veränderungen?
Die Veränderungen würde ich gar nicht als allzu
groß beschreiben, da wir auch auf den alten Alben Black Metal mit Death
Metal-Einflüssen gespielt haben. Die neuen Songs sind jedoch schneller als die
alten, und das Keyboard ist in den Hintergrund getreten. Außerdem ist das
Schlagzeug jetzt viel druckvoller und abwechslungsreicher.
Der Sound hat sich im Gegensatz zu den Aufnahmen
am heimischen PC schon sehr viel verbessert und unsere Fähigkeiten an den
Instrumenten werden natürlich im Laufe der Jahre auch immer besser, so dass
sich immer mehr Möglichkeiten bieten. Die alten Songs waren doch immer sehr
einfach und voraussehbar gehalten, die neuen Leider werden immer
abwechslungsreicher und von den Gitarren her komplizierter. Trotzdem versuchen
wir, dass die Lieder eingängig bleiben und Wiedererkennungswert haben.
Für die
Aufnahmen zu "Monument morbider Projektionen" habt ihr erstmalig auf
ein echtes Schlagzeug zurückgegriffen, wie sind eure Erfahrungen damit und seid
ihr insgesamt zufrieden mit der neuen Veröffentlichung?
Der Einsatz von echtem Schlagzeug war genau der
richtige Weg, da es viel besser klingt als der Drumcomputer, und unser
Schlagzeuger zu den Songs seine eigenen Ideen mit einbringt. Außerdem wären
ohne ihn keine Live-Auftritte möglich. Bei den Aufnahmen zur nächsten CD werden
wir uns bemühen, spezielle Schlagzeugmikrofone zu besorgen, um den Klang weiter
zu verfeinern.
Mit dem Klang der neuen CD sind wir insoweit
zufrieden, dass wir aus unseren verfügbaren Möglichkeiten das Maximale
rausgeholt haben. Bei der nächsten CD werden wir versuchen durch andere
Aufnahmetechniken noch mehr rauszuholen; vielleicht ist bis dahin ja auch ein
Tonstudio finanzierbar. Aber 100% zufrieden kann man mit seiner eigenen Musik
sowieso niemals sein,weil einem im Nachhinein immer noch Details einfallen, die
man hätte anders oder besser machen können.
Die
Scheibe ist viel aggressiver und schneller als das mir sonst bekannte Material,
auch sind gesangliche Anleihen des Death Metals enthalten. Ist das eine
Entwicklung in einer Richtung, die ihr weiter gehen möchtet oder wird eine
nächste Indolenz-Veröffentlichung wieder ganz anders?
Der Wechsel zwischen Black- und Death
Metal-Gesang ist auf allen Alben von uns vertreten. Das wird auch auf der
nächsten CD wieder so sein, eventuell wird bis dahin unser Sänger auch noch von
unserem Bassisten gesanglich unterstützt. Außerdem überlegen wir, für einige
melodiöse Parts eine Frauenstimme einzusetzen.
Auf der nächsten CD werden wahrscheinlich nicht
nur schnelle Black Metal-Songs vertreten sein, sondern auch einige langsamere
und eingängigere Death Metal-Titel. Aber genau kann man das noch nicht sagen,
da wir noch nicht viele neue Songs geschrieben haben, und auch noch nicht klar
ist, welche letztendlich aufgenommen werden und welche im Mülleimer landen.
Weshalb
weiblicher Gesang? Besteht dabei nicht eventuell die Gefahr, eure stilistische
Eigenständigkeit zu entfremden oder ein Stück weit abzulegen?
Der angedachte Frauengesang wäre dann wirklich
nur als melodische Untermalung zu einigen wenigen Parts. Die Frauenstimme wird
also nicht als zweite Kraft neben unserem Sänger agieren, sondern nur ganz
gezielt eingesetzt. Ob wir uns überhaupt dafür oder dagegen entscheiden ist
noch nicht abzusehen. Wir schreiben gerade an einem Song, in dem die Frauenstimme
eingesetzt werden soll. Ob das dann letztendlich so klingt, wie wir uns das zur
Zeit vorstellen, werden wir dann sehen.
Soweit ich
weiß, habt ihr eure Demo-CDs alle in Eigenregie herausgebracht. Gibt es denn
Anstrengungen oder Überlegungen ein richtiges Album, vielleicht unter dem
Banner einer Plattenfirma, aufzunehmen oder seid ihr nicht daran interessiert
einen größeren Hörerkreis mit eurer Musik zu erreichen?
Natürlich wäre es schön, eine Plattenfirma zu
finden, die uns Aufnahmen im Tonstudio ermöglicht. Daher ist eine Promotion-CD
mit 3 oder 4 Tracks in Planung, die wir an verschiedene Labels schicken wollen.
Wenn man sich die Mühe macht und stundenlang im Proberaum steht und seine
Freizeit in die Songentwicklung steckt, möchte man natürlich auch möglichst
viele Menschen damit erreichen. Vielleicht ist ja die nächste CD schon dafür
bereit.
Die
Gestaltung der CDs ist ja sehr aufwändig und professionell. Auch textlich
entsprecht ihr nicht gerade dem gewöhnlichen Durchschnitt in diesem musikalischen
Bereich. Steckt darin ein gewisser Drang zur Perfektion, ein möglichst
hervorragendes Gesamtbild zu schaffen oder ist es für euch einfach nur
selbstverständlich, eure Veröffentlichungen in einem gewissen
"qualitativen" Umfang zu kreieren?
Ich empfinde es als selbstverständlich, ein
ordentliches Booklet mit ausgefallenen Texten anzubieten. Schließlich erwartet
man beim Kauf einer CD nicht nur gute Songs, sondern ein passendes
Gesamtkonzept. Besonders bei diesen extremen Musikrichtungen kann man den
Gesang kaum verstehen, deshalb sind wir selber immer enttäuscht, wenn bei einer
CD keine Texte abgedruckt sind. Bei einigen Bands könnte ich es allerdings
verstehen, wenn sie ihre Texte nicht abdrucken. Wenn man Texte schreibt, dann
sollen sie etwas aussagen, Atmosphäre schaffen, oder zumindest irgendeinen Sinn
oder Zweck erfüllen, und nicht immer wieder davon handeln, wie jemand auf dem
Friedhof steht, und Satan heraufbeschwört, um zu zeigen wie "evil"
man doch ist.
Wie
entstehen eure Texte? Liednamen wie "Jesus kaut mich Fragezeichen"
oder "Fötus Vogelfrei" erinnern mich an die bizarren Bethlehem.
In der Tat entstehen die meisten Lieder in
mondlosen Nächten, wenn das Gezirpe der Regenwürmer, die in ihren
Reagenzgläsern, der Größe nach angeordnet, mit ihren großen Kinderaugen traurig
blickend, außerordentlich schlafraubend wirkt und der Erzengel Gabriel, der,
meine Schuhe zubindend, im Zimmer kniet, Trübsal zählt. Denn die Synthese aus
These und Antithese ergibt immer noch Mayonnaise.
Dann denke ich oft daran, wie es wäre, einen
Frosch zu föhnen oder ein Poster von einem Glas Remoulade zu trinken - doch
wenn ich dabei zusehe, wie sich die Gardinen vergilben und mein Brot im
Kühlschrank sich einen warmen Pelz aus Schimmel überzieht, dann lege ich eine
CD in den Plattenspieler und lasse meine fünf Finger der einen Hand, einen
transparenten Kugelschreiber umklammernd, wahllose Zeichen auf einem Stück
Pappkarton formen. Aus diesem Alptraum erwachend wird das Geschriebene in der
nächsten Anti-Nacht den Akteuren vorgezeigt und für immer so befunden, als ob
es doch so wäre. Doppelpunkt minus Klammer zu.
Seit ihr
einfach nur mehr oder weniger literaturbegeistert - ihr habt Texte von Poe und
Baudelaire verwendet - oder steckt dahinter ein tieferer Sinn und Gedanke, den
ihr ganzheitlich mit Indolenz vertreten und artikulieren möchtet?
Speziell unser Sänger ist sehr lyrikbegeistert -
und da er fand, dass diese Texte von Baudelaire, Poe sowie auch Benn aufgrund
ihrer Konzeption, Thematik und Atmosphäre sich sehr gut in unser Gesamtkonzept
einfügen, entschlossen wir uns dazu, sie zu vertonen. Es ist quasi unsere
Hommage an die Dichtkunst jener alten Meister, die auch noch - im besten Falle
- dazu dienen könnte, deren Texte einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu
machen, sowie das Interesse an ihnen zu wecken.
Weshalb
habt ihr den lateinischen Namen "Indolenz" gewählt? Das heißt ja so
viel, wie Unempfindlichkeit gegen Schmerz; seelische Trägheit.
Als es an der Zeit war, einen Bandnamen zu
finden, stieß ich zufällig auf das Wort "Indolenz" und fand, dass
jenes Wort perfekt passt:
Die Interpretation der Schmerzlosigkeit schien
uns erstrebenswert, da man in diesem Zustand, wie auch immer er erreicht wird,
unabhängig von säkularer Trivialität ist - die Interpretation der
Gleichgültigkeit/Trägheit/Abstumpfung schien uns als Kritik an der derzeitigen
und immer noch anhaltenden Mentalität der Menschen durchaus passend und
vereinbar mit der ersten Wortbedeutung, so dass wir uns übereinstimmend für
diesen Namen entschieden.
Das ist
eine sehr interessante Namensfindung, nicht nur weil sie inhaltlich eine
gewisse Tiefe und Bedachtheit enthält sondern sich auch deutlich von der im
Black Metal weit verbreiteten Ideenarmut unterscheidet, wo meisten Namen aus
der Edda oder eines beliebten und verfilmten Romans entnommen werden. Kannst Du
eure Kritik an die Mentalität der Menschen etwas genauer erklären?
Hast du schon einmal den Film
"Eraserhead" von David Lynch gesehen? Wenn ja, dann wird dir
wahrscheinlich auch die Atmosphäre des Films in Erinnerung geblieben sein - die
Tristesse und Monotonie des alltäglichen Lebens, die uns Menschen derart abstumpfen
läßt, dass alles in grauer Gleichgültigkeit versinkt. So sahen wir zu dem
Zeitpunkt - und tun es auch jetzt immer noch - die Mentalität des Menschen,
denn es ist ein seltsam-düsteres Bild, das die Existenz in gesichtsloser Horden
Leere malt.
Nein, den
Filme habe ich bisher noch nicht gesehen. Vielleicht sollte ich das mal tun.
Gibt es seitens der Hörer oder anderer Magazine Resonanzen und seid ihr für
euch zufrieden damit?
Resonanzen seitens der Hörer gibt es immer
wieder, besonders oft natürlich nach Konzerten. Die Kritiken sind durchweg
positiv, obwohl die Musikrichtung nicht jedem gefällt, da Blackmetal ja nicht
gerade massenkompatibel ist. Daher ist ein Lob von jemanden, der mit der
Musikrichtung eigentlich nichts anfangen kann noch höher zu werten.
Von unseren CDs gibt es diverse Reviews in
mehreren gedruckten Magazinen und im Internet (Legacy, Mordor-Magazin, Hateful
Metal, etc.). Mit den Kritiken können wir sehr gut leben, da alle unseren
eigenen Stil und die ausgefallenen Texte positiv bewerten. Einziger
Schwachpunkt ist bei vielen Kritiken der Sound, da wir immer noch nicht in der
Lage sind, im Tonstudio aufzunehmen. Einige loben uns für das melodiöse
Keyboard, andere mögen das Keyboard nicht, aber man kann es halt nicht jedem
recht machen, denn dafür gibt es einfach viel zu viele verschiedene Meinungen
und Geschmäcker. Wir machen die Musik, die uns selber Spaß macht, und die wir
selber gerne hören. Trotzdem sind wir auch für Verbesserungsvorschläge immer
offen und nehmen auch negative Kritik als Ansporn noch bessere Lieder zu
schreiben.
Im April
hattet ihr einen Liveauftritt in Wilhelmshaven, wie ist es für euch gewesen?
Wir haben als Vorgruppe von "Seventh
Avenue" gespielt, die gerade von ihrer Brasilien-Tour wiedergekehrt sind.
Da "Seventh Avenue" um ein vielfaches bekannter sind als wir, hatten
wir anfangs schon etwas Angst, dass niemand uns hören will, sondern alle auf
die Hauptband warten.
Als wir dann anfingen zu spielen, war der Saal
voll, und die Stimmung war super. Als wir nach ca. einer Stunde unser
komplettes Programm mit Zugaben gespielt hatten, und es Zeit für den Hauptact
war, leerte sich der Saal rasch, und es blieben nur noch etwa 20 Leute da, um
sich "Seventh Avenue" anzusehen. Das hat uns sehr erstaunt. Natürlich
haben wir in unserer Heimatstadt gespielt, und viele Leute kannten uns, aber
dass kaum jemand wegen dem Hauptact da war, war doch sehr überraschend für uns.
Gibt es
öfters Konzerte von Indolenz oder sind das seltene Ausnahmen?
Wir bemühen uns immer wieder um Auftrittsmöglichkeiten,
aber in unserer Region ist es sehr schwer etwas zu finden, wo man mit
Blackmetal auftreten kann. Daher hatten wir bisher erst fünf Konzerte geben
können. Für weitere Auftrittsmöglichkeiten sind wir immer dankbar, denn
schließlich macht man ja dafür Musik und probt mehrmals die Woche. Sobald
wieder neue Termine anstehen werden diese auf unserer Homepage bekannt gegeben.
Ich danke
Dir für das Gespräch und überlasse Dir das letzte Wort.
Vielen Dank für das Interview. Wer neugierig
geworden ist, der kann sich unter unserer Homepage einen kompletten Song der
neuen CD "Monument morbider Projektionen" als MP3 runterladen oder
gleich die CD bestellen.
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