Seit der letzten Ausgabe des Kalavias ist viel Zeit vergangen, doch das
Warten hat sich definitiv geloht. Bereits der erste Eindruck ist
beeindruckend. Das Heft sieht optisch überaus ansprechend aus und fühlt
sich in den Händen, auch aufgrund der immensen Schwere von 140
bedruckten Seiten, toll an. Es ist viel Arbeit und Herzblut in #4
geflossen, wie schon alleine das viele Seiten lange Gespräch mit Saruman
von Heimdalls Wacht verdeutlicht. Es ist kein herkömmlicher Dialog,
der mit 20 gewöhnlichen Fragen abgearbeitet ist. Alleine das
Ausarbeiten des Fragenkatalogs muss sehr viel Zeit beansprucht haben.
Das Gespräch ist in mehrere Abschnitte gegliedert und hat einen
weitreichenden Tiefgang, der nicht nur Heimdalls Wacht und deren
musikalisches Schaffen als solches behandelt. Man erfährt viel über
Saruman und seine geschichtliche und sprachliche Kompetenz, ebenso
erfährt man aber auch einiges über Arvargeris (Schöpfer des Kalavias)
und historische und kulturelle Entwicklungen in Europa, über die sich
die Beiden fast schon unterhalten. Ich habe bisher noch nie so ein
langes und umfangreiches Gespräch gelesen, und es sicherlich nicht nur
für Anhänger des Musik von Heimdalls Wacht interessant. Auch wenn die
Fragen teilweise sehr speziell und themenbezogen sind, erhält man doch
ein recht umfassendes Gesamtbild von Heimdalls Wacht und Saruman.
Es gibt aber noch zwei weitere, gleichfalls umfangreiche,
Befragungen mit Drautran und Luctus. Diese weisen zwar nicht ganz so
viele Fragen auf wie bei Heimdalls Wacht, sind aber nichtsdestotrotz
informativ und gewähren tiefe Einblicke, die man in anderen Magazinen
nur sehr selten findet. Das Kalavias besteht natürlich nicht nur aus
Zwiegesprächen; Gedichte, eine Kurzgeschichte, ein finnisches Märchen
und drei sachliche Artikel haben ihren gleichberechtigten Platz.
Geschichtlich interessierte werden sich wohl über zwei Artikel freuen,
die Sparta und seinen Weg zum Kriegerstaat sowie das antike China
behandeln. Ich persönlich fand jedoch den Artikel "Die Ungerichtetheit
der Dinge" höchst interessant. Es ist ein evolutionsbiologischer
Beitrag, der das erste Kapitel von Adolf Heschls Buch Darwins Traum - Die Entstehung des menschlichen Bewusstseins
umfasst. Gleichermaßen ansprechend und interessant finde ich die so
genannte laute Impression "Das langsame Sterben". Dort sind
Luftaufnahmen mit kurzen Bildunterschriften zu sehen, die extrem
eindringlich das Zurückdrängen der Natur durch den Menschen
dokumentieren. Jeder Betrachter dieser Aufnahmen wird seine eigenen
Gedanken dazu haben, zumal es auch einen einleitenden Text von
Arvargeris gibt. Der Eine wird vielleicht die unaufhaltliche Zerstörung
der Natur beklagen, der Nächste wiederrum stößt sich an der
unausweichlichen Ausbreitung und Vermehrung des Menschen und ich mache
mir ob dieser Bilder Gedanken über die Bedeutungslosigkeit und
Vergänglichkeit des Einzelnen.
Das Kalavias regt in jedem Fall zum Nachdenken an, ganz gleich ob
man die dargestellten Ansichten in den Zwiegesprächen teilt oder eine
andere Meinung hat. Arvargeris schrieb im Vorwort, dass man für das
Heft Konzentration aufbringen muss, da es zeitintensiv und sachlich mit
Tiefgang ist. Dem kann ich nur zustimmen. Das Kalavias #4 ist ein
imposantes und empfehlenswertes Druckerzeugnis, welches geschichtlich,
lyrisch, haptisch und optisch einiges bereit hält und für lang
anhaltenden Lesestoff sorgt. Wer das Kalavias bisher noch nicht kannte,
darf sich auf ein ansprechendes und etwas anderes "Magazin" vorfreuen,
in dem die Musik einerseits gedanklich und geistig durchaus
allgegenwärtig, andererseits aber auch nebensächlich ist.
Die Ausgabe kostet 9,50€ und ist jeden einzelnen Cent das
doppelte und dreifache Wert. Es steckt unfassbar viel Arbeit, Zeit und
auch Geld in dem Heft, zumal es keine Werbung beinhaltet. Das Kalavias
ist nicht nur ein Magazin, es ist ein leidenschaftliches sowie
zeitloses und anspruchsvolles Druckerzeugnis, welches in seinem Umfang
sicherlich auch als Buch durchgehen könnte.
http://kalavias-magazin.12hp.de/
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