09.10.2009

Interview: Descending Darkness





Descending Darkness gehört aktuell mit großer Wahrscheinlichkeit zum Extremsten, was der österreichische Untergrund zu bieten hat. In der Alpenrepublik wird heftig, hasserfüllt und menschenverachtend Black Metal vertont, und nachdem jüngst ein rüdes Rehearsal-Tape erschien, ist es für mich nun an der Zeit, Gevatter (Gesang) und Arngrim (Gitarre, Bass) ein wenig mit Fragen zu bohren.



HATEFUL METAL: Seid gegrüßt, Ihr Zwei.
Kennengelernt habe ich Descending Darkness durch die Wiederveröffentlichung von „Gevatter Hein“, eurem zweiten Demo. Von Ashen Productions wird dieses Demo als die „vermutlich extremste und abstoßendeste Veröffentlichung“ skizziert. Dem kann ich zustimmen. Was mich hierbei nun interessiert, ist, wie es eigentlich dazu kam, solch abscheulich rohen und primitiven Black Metal aufzunehmen? Es war damals ja sicherlich nicht euer Anliegen, mit Absicht so heftige und verstörende Musik aufzunehmen?


DESCENDING DARKNESS: Grüß Dich, Aceust.
Ja, es war durchaus unsere Intention, extremen und für die trendverseuchten Massen „verstörenden“ Black Metal zu erschaffen, da sich vor allem Ende der 90er, Anfang 2000 die Veröffentlichungen immer mehr von unserem BM – Ideal entfernten. Der Sound war durchaus so gewollt, kam allerdings eher zufällig aufgrund mangelnden Wissens und Equipment zustande.



Die ersten Veröffentlichungen von Descending Darkness erschienen 2001 und 2002. Dann kam eine längere Pause, bis „Gevatter Hein“ 2008 auf CD neu verlegt wurde. 2009 folgte dann die MCD „Blutrausch“ und wenig später das Rehearsal-Tape. Was sind die Gründe für die Pause und die aktuelle Veröffentlichungswelle?


Für die Pause gab es viele verschiedene Gründe. In den Jahren 2003 und 2004 waren wegen persönlicher Gründe Proben nicht möglich. 2005 und 2006 waren „Dank“ wertloser Mitstreiter und Nebenprojekten mehr oder weniger vergeudet, 2007 war uns proben wiederum nicht möglich. Nachdem sich 2008 für uns beide die Umstände gebessert hatten und wir mit Mot einen Drummer gefunden hatten, legten wir endlich wieder mit regelmäßigen Proben los. Natürlich hatte sich dann seit 2002 einiges an Material angesammelt. Zum Teil alte Stücke, die wir schon 2003 als Demo veröffentlichen wollten, zum Teil auch einige neue Songs. Wir entschieden uns dann, das Songmaterial auf eine MCD und ein Full-length Album aufzuteilen. Diese MCD ist also "Blutrausch", auf welcher Lieder aus 2003 sowie 2008 und ein Stück vom ersten Demo landeten...

Diese Verzögerungen sind eben der Grund dafür, dass wir zurzeit viel veröffentlichen können...



Aus dem persönlichen Schriftverkehr mit Gevatter weiß ich, dass „Gevatter Hein“ bei vielen Leuten nicht gut ankam und unverstanden wurde. Für mich ist das Werk ob seiner primitiven Rohheit ein gelungenes Manifest gegen jeden Trend und die Menschheit. Dies ist aber nur meine Interpretation, was denkt Ihr, woran es liegt, dass „Gevatter Hein“ zumeist schlecht abschnitt? Immerhin gibt es genug Einmann-Gruppen, die am heimischen Computer billigen Black Metal produzieren, der erschreckend oft seine Anhänger findet.


Zu allererst mal: mit Deiner Interpretation liegst du schon ziemlich richtig! Das Interessante an dieser Sache ist, dass es sich dabei um die Reaktionen auf ein Re-Release handelt. So ist für uns der Wandel der Zeit gut zu vernehmen, vor allem da wir in der Zwischenzeit die Black Metal „Szene“ kaum verfolgten. Die Reaktionen auf die Demo-Kassette waren ursprünglich meist positiv, die Motivation und Emotion wurde meist verstanden und gewürdigt. Bei der Wiederveröffentlichung war das in der Regel ganz anders. Heutzutage sind entweder die Hörgewohnheiten so kommerzorientiert oder die meisten Rezensenten einfach musikalisch zu ahnungslos, um „die einzelnen Instrumente zu unterscheiden“. Oft liest man dann, dass „Gevatter Hein“ 30 Minuten dauert – auf die restlichen 15 Minuten wohl keinen Bock mehr gehabt??? - oder ähnlichen Scheiß. Musik wird nur mehr oberflächlich besprochen, Atmosphäre und Emotionen spielen keine Rolle mehr. Zumindest solange nicht, wie sie nicht im 08/15 „Norsecore“ - Sound verpackt werden.



Sind Euch die Besprechungen in den diversen Magazinen und Blogs eigentlich wichtig oder sind Euch die Gedanken und Kritiken der Verfasser eher gleichgültig?


Wie die Reaktionen im Großen und Ganzen ausfallen wird von uns natürlich verfolgt. Aufgrund der Belanglosigkeit der meisten Kritiken sind uns diese in der Regel aber auch meist gleichgültig. Das Problem ist einfach, dass heutzutage jedes wertlose Individuum seine belanglose und fachlich sinnlose Meinung über das Internet allzu einfach publik machen und verbreiten kann. Allerdings gilt für uns seit jeher, dass auch eine vernichtende, subjektive und ablehnende Kritik genauso erfreulich und wertvoll sein kann wie ein gutes Review, wenn es von entsprechender Stelle kommt.



Auf der Netzseite von Descending Darkness prangert in großen Lettern der Ausspruch „Scheiß auf Euch“. Sind damit die Kostverächter gemeint oder entspricht diese Aussage der generellen Haltung von Descending Darkness, misanthropisch eingestellt zu sein? Auch die bewusste Ablehnung von Myspace, einem üblen selbstdarstellerischen Moloch, suggeriert mir, dass es Euch im Grunde scheißegal ist, ob und wer Descending Darkness zu schätzen weiß, oder nicht.


Hehe. Mit „Euch“ meinen wir in erster Linie die sogenannte Black Metal Szene im Generellen (SOWOHL Undergroundszene als auch Mainstream, falls es da heute überhaupt noch einen Unterschied gibt...) sowie auch ehemalige Weggefährten und Verräter im Speziellen. Im Endeffekt ist doch die ganze Szene selbst ein „selbstdarstellerischer Moloch“ für minderwertige Individuen, die sich im und durch Black Metal profilieren wollen und Anschluss suchen. Die Protagonisten des Black Metal spiegeln doch einfach die Gesellschaft und die von uns verachteten menschlichen Wesenszüge in einem kleineren Umfeld wieder. Schau dir doch nur all die Narren an, die von Individualismus faseln weil das die ultimative satanische Tugend darstellen soll, selbst allerdings uniformiert herumlaufen und sich jedem Trend anhängen, nur um ein Beispiel zu nennen.
Das mit Myspace ist nur noch so ein Beispiel dafür. Wozu all dieser sogenannte „Social Networking“ Scheiß, wenn man sich nicht selbst profilieren will und ein Umfeld sucht, das einen schätzt und respektiert? Vor allem, wenn man all das in der realen Welt nicht erreichen kann. Und wenn man nur wegen des „Networking“ (haha) diesen Scheiß nutzt, warum sind dann so viele Bandmitglieder diverser Bands zusätzlich noch mit eigenen Seiten repräsentiert?

Descending Darkness ist eben definitiv misanthrop, daher ist „Social-“ was auch immer sowie Freunde suchen und finden etc., unvereinbar mit unserer Ideologie! Mit all dem wollen wir nichts zu tun haben. Und ja, du hast recht, uns ist scheißegal wer uns schätzt und wer nicht. Obwohl wir von den Massen minderwertiger „Individuen“ lieber Ablehnung als Anerkennung erfahren.



Dazu fällt mir eine Aussage von Zwingherr Greif von Eisenwinter ein, die ich
irgendwann mal irgendwo in einem Interview mit ihm gelesen habe. Sinngemäß erzählte er, dass Black Metal nicht dazu bestimmt sei, den Massen präsentiert zu werden, weshalb er Konzerte ablehnt. Obwohl ich Konzerte nicht grundsätzlich ablehne, finde ich diesen Gedanken im Zusammenhang mit Deiner Antwort allerdings interessant, zumal nicht selten auf Konzerten und Festivals gleichfalls fragwürdige Personen mit Profilneurose anzutreffen sind. Viele besuchen Konzerte nur, um zu sehen und gesehen zu werden, so mein Eindruck. Sind Konzerte für Dich auch ein zweifelhaftes Vergnügen und gibt/gab es Auftritte von Descending Darkness?


Der Gedanke ist ja grundsätzlich richtig, allerdings, wenn man ihn zu Ende denkt, darf man ja nicht einmal irgendetwas veröffentlichen. Es könnte ja immer in die „falschen“ Hände gelangen, die Massen haben ja immer irgendwie Zugriff darauf. Man kann einfach nur hoffen, dass zumindest der eine oder andere Käufer, Zuhörer dabei ist, den man erreichen möchte. Daher ist unserer Ansicht nach der Black Metal, der sich als nicht massentauglich/kommerziell versteht, nur in extremster Form sinnvoll!

Bisher gab es erst zwei Konzerte von uns da es nicht einfach ist eine volle Besetzung für ein Konzert als auch passende Rahmenbedingungen für solche zu finden.



Nachdem „Gevatter Hein“ ja durch und durch roher Black Metal war, schimmerten auf der MCD „Blutrausch“ einige Anleihen des Thrash Metals durch. Ist der dreckige Thrash Metal für Euch auch eine der Wiegen des Black Metals oder ist der Thrash Metal einfach nur in seiner ursprünglichen Rohheit eine Facette des musikalischen Hasses?


Thrash Metal ist unserer Ansicht nach der Ursprung allen extremen Metals! Man braucht sich ja nur die alten Klassiker zu Gemüte führen.



Wie sind eigentlich die Resonanzen zu „Blutrausch“ ausgefallen und seid Ihr mit ihnen zufrieden?


Als die Promos verschickt waren, bekamen wir selbst erst etwas Abstand von der Produktion und waren dann besorgt, dass der Sound zu harmlos und „schön“ ausgefallen ist (wovon wir immer noch überzeugt sind...). Die meisten Kritiken zeugten allerdings von schockierenden Klangerlebnissen hahaha. Es gab aber auch zum Teil gute Kritiken – im Ausland.



Ich empfinde den Klang von „Blutrausch“ ganz und gar nicht als zu harmlos und schön. Aus Eurer Antwort leite ich ab, dass Black Metal für euch klanglich unbedingt dreckig und roh sein muss? Eine druckvolle und mächtige Klangproduktion wie auf Marduks „Panzer Divison Marduk“ oder Mayhems „De Mysteriis Dom Sathanas“ würde für euch niemals in Frage kommen?


Der Klang kann ja auch dreckig, roh UND druckvoll sein. Das streben wir auf unserer nächsten Veröffentlichung genau so an. Räudiger und dreckiger Sound gehört einfach zum Black Metal. Man braucht sich ja nur die Anfänge anzuhören. Wenn das Dreckige und Räudige fehlt, dann bleibt doch meist einfach nur mehr irgendeine gewöhnliche Metal Scheibe über, MTV- und radiotauglich. Leider klingen unserer Meinung nach solche Bands meist nur auf Demos und eventuell Debuts „gut“.



Woran müsst Ihr unweigerlich denken, wenn Du an Black Metal denkst?


Intoleranz, Fatalismus, Extremismus, Menschenverachtung... Descending Darkness.



Ich war von „Bloody Rehearsals“ ein wenig überrascht, da es sich ja immerhin um Probeaufnahmen handelt und der Klang dafür relativ gut ist, wenn man „Gevatter Hein“ noch im Ohr hat.


Das liegt daran, dass wir inzwischen besser darüber Bescheid wissen wie man den gewünschten Sound erzielt.



Auf dieser Kassette ist auch ein Titel mit dem Namen „Abschied (Het bittere einde)“, vertreten. Wieso der niederländische Titel, und weshalb steht er in Klammern?


Das begründet sich mit einem persönlichen und emotionalen Erlebnis mit niederländischem Bezug...



Überrascht haben mich auch die unbetitelten Stücke der Kassette. Auf der einen Seite sind sie wunderbar roh und heftig, dennoch wohnt ihnen eine gewisse Melodik und Schwermut bei, vor allem bei dem Stück „Untitled 2“. Da die Lieder 2002 und 2003 entstanden sind, frage ich mich, wieso von dieser Atmosphäre kaum etwas auf „Gevatter Hein“ vorhanden ist, wenn man einmal vom schleppenden Titellied absieht.


Ganz einfach weil sie nach den Aufnahmen zu „Gevatter Hein“ entstanden und für das darauf folgende Demo geplant waren. Melancholische Lieder oder zumindest Songpassagen waren – mit Ausnahme von „Blutrausch“ - ja auch seit Anbeginn ein Teil von Descending Darkness und werden es auch in Zukunft immer sein, wenn auch in Maßen. Zum Beispiel neben dem angesprochenen Titeltrack etwa auch „Awakening...“. Auch „Blutrausch“ hat bei vielen fälschlicherweise den Eindruck erweckt, wir wären aus der „War Metal“ Ecke. Dass hauptsächlich schnelle und brutale Stücke darauf gelandet sind, liegt eben daran, dass melancholische Songs nicht ins Konzept gepasst hätten. Das wird auf dem kommenden Album wieder etwas anders sein, da es dann konzeptionell Platz für solche Songs geben wird.



Da wir gerade bei schleppender Musik und Melancholie sind. Wie seht Ihr den aktuellen Trend des „Depressive Black Metals“? Nimmt er überhand oder ist er eine berechtigte Stilrichtung, die neben Depression und Verzweiflung ebenfalls Menschenhass und Vernichtung äußert?


Diesen „Trend“ haben wir in neuerer Zeit kaum verfolgt. Es gab ein paar großartige Veröffentlichungen, allerdings kann ich mich kaum erinnern, dass man damals z.B. bei Burzum von „depressive Black Metal“ sprach. Das scheint heutzutage aber schon bei jedem Klon der Fall zu sein.
Verzweiflung bzw. verzweifelter Hass waren schon immer ein Bestandteil des BM. Denn wenn man Misanthropie verinnerlicht hat und nicht nur davon spricht, dann ist jeder Tag eine Gratwanderung zwischen rasendem Hass und resignierender Verzweiflung. Wenn die Raserei fehlt, bleibt allerdings nur mehr weinerliche Scheiße...



Mit „Kshatriya“ ist ein kurzes aber sehr heftiges Lied auf der Rehearsal-Kassette enthalten. Kshatriya ist eine Bezeichnung im indischen Kastensystem für Mitglieder des zweiten Standes, die aus Kriegern und Königen bestand. Welchen Bezug habt Ihr dazu, und wie passt dies zur menschenfeindlichen Haltung von Descending Darkness?


Zum Hinduismus haben wir inhaltlich absolut keinen Bezug. Ich las damals einen Artikel über die Entstehung dieser Kaste, die zu Beginn nur aus Kriegern bestand und war von dem Thema inspiriert. Das System des Kastensystems ist für mich auch absolut interessant, wenn man den eigentlichen Sinn religiöser Systeme erkennt: nämlich Kontrolle und Macht über die Massen zu erlangen. Darin ist das Kastensystem in seiner misanthropen Funktionalität seit Jahrtausenden erfolgreich, was faszinierend ist... Allerdings war dieser Song ursprünglich auch nicht für Descending Darkness sondern für ein Nebenprojekt, welches allerdings nie realisiert wurde, gedacht.



Wie sieht die Zukunft von Descending Darkness aus? Gibt es irgendwelche Pläne oder gar schon neue Aufnahmen?


Das Einzige, was sicher anzunehmen ist, ist die Veröffentlichung der „Seelenruhe“ CD Anfang 2010 via Ashen Productions. Geplant ist weiter ein Split Album Mitte/Ende des nächsten Jahres mit einer noch unbekannten und in jeder Hinsicht extremen Band aus Österreich.


Gevatter, Arngrim, ich danke Euch für das Gespräch, die abschließenden Worte gehören nun Euch.


Dank Dir fürs Gespräch, Dank den Unterstützern, Gruß den Kameraden, scheiß auf den Rest. PROST!

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