HATEFUL
METAL: Hallo Robby,
Du bist ja
eine ziemlich beschäftigte Person. Mit Deiner Band Karkadan hast Du jüngst euer
zweites Album veröffentlicht, darüber hinaus hast Du mit Deinem Label Supreme
Chaos Records in der letzten Zeit einige Alben der unterschiedlichsten Bands
herausgebracht und bist dabei auch noch Veranstalter des Metallic Noise
Festivals. Stößt man da nicht so langsam an seine eigenen Grenzen oder blühst
Du unter solchem Stress erst richtig auf?
KARKADAN: Sicher stößt man da an seine Grenzen
und ich bewege mich eigentlich auch schon eine Zeit lang jenseits dieser
Grenzen, was das Zusammenleben mit mir sicher nicht immer einfach macht. Dass
gerade jetzt so viel passiert, hat auch persönlichere Gründe, die mein
zukünftiges Leben betreffen, schließlich muss ich wie jeder andere Mensch auch
noch normal arbeiten gehen. Ich muss im Moment einfach durch und es ist weder
finanziell noch vom Stress her einfach, aber ich habe mich entschieden, diesen
Weg zu gehen und den Metal zu unterstützen, soweit es irgendwie geht. Sicher bin
ich unter Stress wesentlich leistungsfähiger, auch wenn ich zuweilen recht
hektisch werde, was sich sicher manche Leute bei mir gar nicht vorstellen
können. Aber es ist schon fast schwierig geworden, überhaupt einen Gang
zurückzuschalten.
Bleiben
wir zunächst erst mal bei Karkadan. "Utmost schizophrenia" ist ja nun
bereits einige Wochen lang erhältlich und konnte weitgehend überzeugen und
Gefallen finden. Bist Du selbst auch damit so zufrieden?
Völlig zufrieden ist wohl keine Band mit ihrem
Output, da gibt es immer noch hier und da ein paar Kleinigkeiten. Die
Aufnahme-Situation war dieses mal nicht besonders gut für mich, da unser
Gitarrist noch vor den Aufnahmen zu meinen Vocals seinen Ausstieg verkündet hat
und es gab da noch einige persönliche Probleme. Deshalb bin ich der Meinung,
dass meine Leistung nicht 100% von dem ist, was ich eigentlich hätte leisten
können. Es gab auch einige Unstimmigkeiten innerhalb der Band im Studio. Das
war alles etwas seltsam und ich wollte die Scheibe nach dem Mastering am
liebsten in die Tonne kloppen, aber mit der Zeit bin ich dann selber auch mit
ihr warm geworden und mittlerweile gefällt sie mir sogar ganz gut, obwohl ich
immer noch hier und da ein paar Sachen zu mäkeln habe. Ich habe ja auch das
Layout und das Video gemacht, was aber wegen Umzugsstress und einfach
Zeitmangel unter optimaleren Bedingungen hätte besser sein können. Ich bin
einfach ein sehr kritischer Mensch. Aber im internationalen Vergleich kann die
Scheibe durchaus bestehen, denke ich. Der Sound, die Aufmachung und natürlich
nicht zuletzt die Songs brauchen sich nicht hinter den Größen des Metals zu
verstecken.
Warum hat
er die Band verlassen? Er war zuständig für das Songwriting, wie sieht das in
Zukunft bei euch aus?
Er hat die Band verlassen, weil er nicht mehr
100%ig hinter der Musik stehen konnte und zudem nach Berlin gezogen ist. Das
war seine Entscheidung, die wir respektieren müssen. Wir müssen nun natürlich
wieder mit dem Songwriting anfangen, müssen das sozusagen neu erlernen, aber
wir sind da guter Dinge, da das jetzige Line up aus motivierten Musikern
besteht, die nun schon einige Zeit Teil der Band sind. Es wird auch sicher eine
Weile dauern, bis wir uns überhaupt wieder ins Studio trauen, es gibt einfach
noch so viel zu arbeiten und der Herausforderung werden wir uns Stellen. Daniel
ist auch nach wie vor für uns da, wenn auch aus der Ferne, und wer weiß - das
ein oder andere Riff kommt vielleicht auch aus dem fernen Berlin.
Besteht
dadurch die Möglichkeit oder Gefahr, dass Karkadan zwangsläufig ihren Stil
verändern werden?
Als Gefahr sehe ich das nicht, eher als Chance.
Die Musik von Karkadan war seit jeher von Abwechslungsreichtum geprägt, also
haben wir da auch nicht so enggesteckte Grenzen wie andere Bands. Das nächste
Album kann und soll völlig anders klingen.
Es ist
schwer, eurer Musik einen stilistischen Namen zu verpassen. Ihr habt eine sehr
eigenständige Stilistik entwickelt, eher zufällig im Laufe der Zeit oder
wolltet ihr ganz bewusst und gezielt so klingen?
Als ich die Band 1997 ins Leben gerufen habe,
wollte ich schon sehr viel härteren Black Metal kreieren, aber durch die ganzen
Mitglieder ist es dann zu einer doch recht originellen Melange aus den
verschiedensten Schattierungen des Metals geworden. Das liegt einfach daran,
dass wir alte Scheiben von Megadeth, Annihilator, Kreator und anderen nach wie
vor verehren, da sie einfach den Metal geprägt haben und zum Teil musikalisch
einfach immer noch eine Klasse für sich sind. Zusammen mit den aggressiven
Vocals ergibt so das doch sehr traditionelle Riffing den von uns viel zitierten
"Black Heavy Metal".
Stimmt es,
dass das neue Album zu erst ein anderen Namen haben sollte? Wenn ja, weshalb
habt ihr ihn dann nicht beibehalten?
Das war eigentlich eine gemeinsame Entscheidung.
Der ursprüngliche Titel "Silent prayers of the forlorn ones" war dann
doch etwas unpassend für das Album als Ganzes, obwohl auch schon das
Cover-Artwork feststand. Das Ganze werde ich aber in der Hinterhand halten, da
ich mir schon seit zwei Jahren ein Projekt im Kopf herumgeistert, dass ich gern
verwirklichen möchte und wo dieser Titel samt Artwork sehr wohl passen würde.
"Utmost Schizophrenia" ist dann eine Idee von mir gewesen, da alle
Texte des Albums doch eine gewisse Schizophrenie anklingen lassen und ich mir
das in Kombination mit dem Layout sehr gut vorstellen konnte. Ich denke, das
hat auch ganz gut funktioniert.
Du hast
mit Karkadan einen recht hohen Anspruch (was natürlich auch so sein sollte) an
eure Musik. Düster, mordlüstern, fantasievoll und auch traumhaft soll es sein.
Konntet ihr euch da selbst gerecht werden?
Konnten wir noch nie, werden wir hoffentlich auch
nie. Man möchte einfach immer wieder ein neues Ziel haben und das ist es, was
die Kreativität vorantreibt. Die Unruhe, das Wissen, einfach noch nicht das
Optimum erschaffen zu haben.
Nun mal zu
Dir und Deiner Plattenfirma. Wie ist es dazu gekommen, dass Supreme Chaos
Records entstanden ist?
Tja das war eigentlich eine Art Frust-Aktion.
Zunächst einmal war da mein Projekt Typhon, mit dem ich ein Demo "Bringer
of Chaos" aufgenommen habe. Da hab ich dann einfach Supreme Chaos Records
draufgepinselt, weil einer der Tracks "Supreme Chaos" heißt. Und als
es dann darum ging, das Debüt von Karkadan neu aufzulegen, hab ich das auch
unter dem Banner gemacht und dann nahm das Schicksal seinen Lauf, es kamen
zunächst nur eng befreundete Bands hinzu und so wuchs die Sache immer weiter.
Du hast ja
sehr unterschiedliche Bands unter Vertrag. Thrash Bands wie Blood Red Angel und
Cockroach aber auch unterschiedliche Black Metal Bands wie Sanguis, Nocte
Obducta oder Lifthrasil und mit Fallen Yggdrasil bedienst Du auch den Death
Metal Bereich. Welche Philosophie steckt dahinter?
Zunächst einmal sollte SCR für Qualität stehen,
was meiner Meinung nach bisher auch wirklich der Fall ist. Ich wollte etwas
ausbrechen, den Künstler und sein Werk mehr in den Vordergrund stellen, was man
bei den SCR-Releases an einigen Details merkt, wie dicke Booklets, sehr
aufwendige Vinyl-Versionen. Ich lasse den Bands da völlige Freiheit - wenn eine
Band fragt, wieviel Booklet-Seiten ihr zur Verfügung steht, sage ich, dass sie
so viele zur Verfügung haben, wie sie brauchen. SCR steht aber auch für die
Extreme im Metal, die aber dennoch einen hohen Anspruch haben. Und das möchte
ich weiter verfolgen, vielleicht sogar mehr ausreizen.
Ja,
stimmt, wo Du es sagst fällt es mir auch auf, dass die Booklets der SCR-CDs
immer sehr schön und reichhaltig gestaltet sind und die CDs um einiges schwerer
in der Hand liegen als von anderen Labels. Vinyl erfreut sich doch großer
Beliebtheit, wieso gibt es von einigen Ausnahmen abgesehen kaum Vinyl von
Deinen Bands?
Zunächst sei vielleicht gesagt, dass SCR für
extraordinäre Vinyl-Veröffentlichungen steht, viel Gatefold und ähnliches.
Mittlerweile sind es mehr CD-Releases als Vinyl-Releases geworden, da gebe ich
Dir recht, dennoch habe ich mit SCR den Vinylmarkt mit überdurchschnittlich
vielen Releases bedient, weil mir Vinyl selbst einfach sehr wichtig ist. Als
Hintergrund, warum ich für die Bands auf SCR nicht zu jedem CD-Release auch
eine Vinyl-Version veröffentliche, sollte man die Kosten von Vinyl-Produktionen
betrachten. Eine Vinyl-Produktion hat sich erst rentiert, wenn die geringe,
limitierte Auflage völlig ausverkauft ist, davor zahlt man mächtig drauf. Vinyl
ist einfach sehr, sehr teuer, eigentlich der teuerste Tonträger überhaupt.
Leider musste ich auch ein abnehmendes Interesse an Vinyl verzeichnen, weshalb
ich zu dem Entschluss gekommen bin, für künftige Releases nur noch in
Ausnahmefällen Vinyl zu veröffentlichen. Das ist also vornehmlich eine
wirtschaftliche Entscheidung, die leider meinen Idealen zuwider läuft.
Du hoffst
auf mehr Anerkennung, wie meinst Du das? Wird SCR von einigen Seiten nicht
wirklich ernst genommen oder gar belächelt?
Das denke ich nicht, aber das Feedback, egal ob
positiver oder negativer Natur, hält sich doch sehr in Grenzen, wenn man es mit
der Arbeit vergleicht, die dahinter steckt. Wenn man positives Feedback bekommt
ist das natürlich auch ein Ansporn, das Label weiter zu betreiben und
vielleicht einige Sachen noch weiter zu verbessern, mehr Qualität abzuliefern.
Es steckt einfach ne Menge Idealismus dahinter, fast schon möchte ich es
leichtsinnigen Enthusiasmus nennen, ein Label dieser Größe alleine und dann
noch auf einem einigermaßen ansprechenden Niveau zu betreiben. Da denkt man
natürlich auch mal dran, alles einfach hinzuschmeißen und sich am Geld, das
durch die geregelte Arbeit reinkommt für sich selbst auszugeben und einen
schönen Lebensabend zu genießen, anstatt jeden Cent wieder in die Musik zu
stecken. Aber irgendwo kann ich dann meist auch gar nicht anders.
Bist Du
zufrieden, wie sich Supreme Chaos Records als Label & Mailorder entwickelt
hat oder gibt es noch spezielle Dinge die Du mit dem Label erreichen möchtest?
Ein großes Problem ist natürlich das
finanzielle. Da ich alleine hinter dem Label stehe und das Ganze auch allein
finanziere, gehe ich ein sehr hohes Risiko ein. Der Traum ist eigentlich, dass
sich das Label selbst völlig trägt. Natürlich hoffe ich auch auf mehr
Anerkennung, geniale Releases, aber das wird die Zukunft zeigen. Ich staple im
Moment bewusst tief, da ich meinem Leben abseits des Labels künftig etwas mehr
Beachtung schenken möchte.
Das
Metallic Noise Festival steht unmittelbar, nach vier jähriger Ruhezeit, bevor.
Du trittst dort mit Karkadan auf und bist auch Veranstalter. Wie laufen die
letzten Vorbereitungen?
Es ist wie immer alles sehr hektisch und es wird
noch viel schlimmer werden. Ohne meinen Mitveranstalter, Frank Geue / Sänger
von Cockroach, hätte ich das Ganze nicht in dem Maße bewältigen können. Aber
ich denke, wir haben mit der Promotion schon mal vieles richtig und besser
gemacht als die letzten Male. Aber dennoch sind wir natürlich beide sehr
gespannt, wie die Publikumsreaktionen sind. Das Billing ist meiner Meinung nach
für den Eintrittspreis sehr ordentlich. Jetzt geht es halt schon um Thematiken
vor Ort, wie das Aufstellen der Bühne, das Absperren des Geländes etc. Ich bin
natürlich etwas unsicher, ob alles glatt läuft, aber hoffen wir einfach das
Beste !
Das war es
soweit von meiner Seite, ich danke Dir für die Beantwortung meiner Fragen und
wünsche Dir für das Festival, das Label und Karkadan auch weiterhin gutes
Gelingen. Das abschließende Wort überlasse ich Dir.
Ich hab ebenfalls zu danken. Ansonsten hoffe
ich, man sieht sich mal bei nem Bier in einer ruhigen Stunde! Prost!
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