An dieser Veröffentlichung ist alles ein wenig sonderbar, was mit
Sicherheit auch so gewollt ist. Neben dem Bandnamen und den
Liedbetitelungen ist es auch der Umstand, dass man sich mit
Informationen über die beiden Musiker mehr als bedeckt hält. Zudem
stellt Psychohygiene nicht nur ein Debütalbum dar, es ist die
allerstere Veröffentlichung überhaupt. Dafür sind zwei CDs mit einer
Gesamtspielzeit von knapp 108 Minuten echt enorm. Mir liegen leider
keine Texte vor, doch die Liednamen wecken in jedem Fall mein
Interesse, da ich doch abgefahrene, extreme Musik sehr mag und zu
schätzen weiß. Jedenfalls soll es sich hierbei um ein Konzeptwerk
handeln, welches sich in die überaus schwierige und komplexe Thematik
der menschlichen Psyche mit all ihren Gegensätzen, Widersprüchen und
Belanglosigkeiten stürzt.
Musikalisch ist Psychohygiene leider weitaus sperriger
und unangenehmer als es der erste Eindruck durch Namensgebung und
Aufmachung vermuten lassen würde. Bereits das erste Lied Filterlose Trunkenheit
nervt von der ersten Sekunde an mit seltsam anmutendem Riffing,
welches mich irgendwie an schlechten Goregrind erinnert. Technisch,
steril und abgehakt ist dieses Eingangsriff. Zudem ist Filterlose Trunkenheit
neuneinhalb Minuten lang und wird leider nicht besser. Das Riffing ist
wirklich grausam, es fehlt jegliches Gefühl für irgendeine Form der
Harmonie. Stattdessen sägt die Gitarre jenseits von Gut und Böse mit
abstrakten, technischen Verrenkungen die einfach nur nerven. Zudem ist
der gedrungene und sehr leise abgemischte Gesang ebenfalls alles andere
als gelungen. Eigentlich ist es kein Gesang, vielmehr handelt es sich
um eine Stimme, die unverständlich daher spricht und manchmal auch
giftig keift.
Die Musik ist in jedem Fall experimentell und kann irgendwo als
extremer Dark Metal kategorisiert werden. Rhythmisch gibt es die volle
Palette von sehr langsamen Passagen über mittelschnelle Parts bis hin
zum rasenden Gekloppe. Zwischen abstrakten, technischen Riffs tauchen
auch ruhige, atmosphärische Passagen auf, die das Ganze für mich
angenehm auflockern, sodass ich mich vom verstörenden, nervenden
Experimental Metal erholen kann. Irgendwann, nach einer ganzen Weile, im
über elf Minuten langen Non-Narkotikum, gibts dann
sphärischen Ambient. Dieser ist nicht schlecht, kann man gut laufen
lassen, ist aber auch nichts besonderes. Danach folgt dann erneut
wirrer, starrsinniger Black/Dark Metal mit sehr anstrengenden
Strukturen. Erst mit Geistesinfarkt, einem Noisestück, kann ich wieder aufatmen und dem verstörenden Geist von Vom Fetisch der Unbeirrtheit etwas Positives abgewinnen. Damit ist dann der erste Akt Antipodensystem I zum Glück beendet.
Die zweite CD beginnt mit ruhigem Dark Ambient ehe mit Schändungszyklus
experimenteller Noise folgt, der in der Tat düster ist und sehr
interessante Arrangements besitzt. Weshalb das beste Lied erst nach
über 65 Minuten kommt bleibt ein Rätsel. Die zweite CD ist in insgesamt
wesentlich interessanter und ansprechender als seine Antipode - um
beim Sprachgebrauch der Band zu bleiben. Hier sind die Lieder wesentlich
kürzer und es sind eigentlich nur wirre, düstere Klanglandschaften aus
Ambient, Noise und anderen abstrakten experimentellen Geistesinfarkten
zu hören. In Epitaph gibt es sogar ein wenig EBM mit deutschen Sprachsamples aus irgend einem Film zu hören.
Ich bin von Psychohygiene sehr enttäuscht, so hatte ich
mir vom düsteren, experimentellen Black/Dark Metal der ersten CD doch
weitaus mehr erhofft, und insgeheim etwas verstörendes und großartiges
wie Traumatic Voyage, Bethlehem oder auch EgoNoir erwartet. Davon ist hier keine Spur auszumachen. Vom Fetisch der Unbeirrtheit
ist mit seinem Metal Lichtjahre von solchen Bands entfernt. Die zweite
CD mit ihren experimentellen elektronischen Liedern kann da schon mehr
überzeugen. Und da es sich um zwei Tonträger mit unterschiedlichen
Inhalten handelt, werden diese auch gesondert bewertet.
Antipodensystem I: 3/10
Antipodensystem II: 5/10
Aceust
ANTIPODENSYSTEM I
01. Filterlose Trunkenheit
02. Anschließendes Verstummen
03. In erigierter Abgründigkeit
04. Non-Narkotikum
05. Infantile Sinnesfrüchte
06. Zerissenes Stück Hirn-Masse
07. Geistesinfarkt
ANTIPODENSYSTEM II
01. Annäherung: Wechselwirkung - Bipolar
02. Schändungszyklus
03. Infantilismus II
04. Psychogramm
05. Ein toter Wurf
06. Epitaph
07. Imperativ: Kategorische Zerstörung, XIIIx losgelöst
08. Du magst solche Szenen
09. Die Kybernetikfunktion der Psychohygiene
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