Mit Nostalgia: Zwischen Zukunft und Vergangenheit, dem dritten Album, schließen Seelenfrost ihre Nostalgia-Trilogie. Wesentlich interessanter als dieser Fakt dürfte jedoch die Namensgebung des dritten Albums sein. Zwischen Zukunft und Vergangenheit bezieht sich natürlich einerseits auf den Terminus "Nostalgia" [griechisch νόστος, nóstos (Rückkehr, Heimkehr) und άλγος, álgos (Schmerz)],
aber - so interpretiere ich diese Veröffentlichung jedenfalls - auch
auf den musikalischen Stil und Wandel Seelenfrosts. Denn Zwischen Zukunft und Vergangenheit stellt in der Diskographie einen Bruch oder zumindest eine markante Entwicklungsstufe dar.
Das dritte Album ist das mit Abstand ausgereifteste Werk Seelenfrosts.
Auf der einen Seite wurde massiv am Klang gebastelt, der nun nicht
mehr so roh, schroff und grell wie auf allen Vorgängern ist. Zwischen Metamorphosis,
welches ich sehr mag, auch seiner dezidierten Rohheit wegen, und dem
neuen Werk, liegen klanglich betrachtet, Welten. Diese klangliche
Entwicklung geht einher mit einer abwechslungsreichen Struktur, die
sehr melodische und atmosphärische Elemente beinhaltet. Dies wird gleich
im großartigen Eröffnungsstück Vergangenheit deutlich, in dem
phasenweise sanfte Akustikgitarrenmelodien und behutsames Violoncello
zu hören sind. Verträumt und schaurig schön, zumal diese
atmosphärischen Elemente sehr gut mit dem Black Metal, bestehend aus
greller Gitarre und rauem Kreischgesang, harmonieren. Im nachfolgenden Blinde Träumer wird
das Tempo angezogen und geradlinige Schnelligkeit wechselt sich mit
langsamen Strophen ab - was sich beides sehr gut anhört.
Auch wenn sich Seelenfrost in allen Belangen
professioneller anhören, halten sie sehr wohl auch am Bewährten fest.
Immer wieder gibt es wunderbare Gitarrenmelodien zu hören, die
melancholisch und eindringlich, dabei aber auch grell und rau, manchmal
gar schön dreckig, sind - genau das, was ich an Metamorphosis
so mag. Das Violoncello, welches auf dem Album immer wieder zu hören
ist, wurde nicht nur sehr gut gespielt, sondern auch hervorragend
implementiert, sodass es bestimmte Stimmungen gut akzentuiert und
unterstreicht, ohne jedoch zu sehr im Vordergrund zu stehen. Es ist ein
Instrument bzw. ein Element von vielen, weshalb es den Black Metal von
Seelenfrost nicht verwässert oder verweichlicht. Trotz
des nicht geringen Anteils an Atmosphäre und Melancholie gibt es auch
viele harte und harsche Passagen zu hören. Seelenfrost verbinden damit
also Altes mit Neuem, was ich wiederrum mit dem Albumnamen verbinde. Zwischen Zukunft und Vergangenheit
ist ein wunderbares Album, das abwechslungsreich und stimmungsreich
ist. Härte und Atmosphäre halten sich ausgewogen die Waage - und mit
beiden Spielweisen können Seelenfrost vollends
überzeugen. Denn die melodischen und atmosphärischen Passagen bestechen
durch überaus wirkungsvolle Arrangements, die vor allem auch durch
ihre Schlichtheit so ergreifend und zupackend sind. Die schnellen und
harten Parts glänzen gleichfalls durch klare aber subtile Strukturen -
was mit dem guten Klang und der tollen Aufmachung der Kassette zu einem
absoluten Pflichtkauf führt!
Bisherige Anhänger von Seelenfrost werden voll auf ihre Kosten kommen - zudem dürften Seelenfrost
hiermit auch viele neue Hörer für sich gewinnen können. Obgleich das
Jahr noch jung ist, komme ich nicht umhin zu behaupten, dass diese
Kassette für mich eine der besten Veröffentlichungen des Jahres sein
wird.
9/10
Aceust
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen