30.01.2012

Seelenfrost - Nostalgia: Zwischen Zukunft und Vergangenheit | 2012 | Eigenproduktion | Kassette | Black Metal

Mit Nostalgia: Zwischen Zukunft und Vergangenheit, dem dritten Album, schließen Seelenfrost ihre Nostalgia-Trilogie. Wesentlich interessanter als dieser Fakt dürfte jedoch die Namensgebung des dritten Albums sein. Zwischen Zukunft und Vergangenheit bezieht sich natürlich einerseits auf den Terminus "Nostalgia" [griechisch νόστος, nóstos (Rückkehr, Heimkehr) und άλγος, álgos (Schmerz)], aber - so interpretiere ich diese Veröffentlichung jedenfalls - auch auf den musikalischen Stil und Wandel Seelenfrosts. Denn Zwischen Zukunft und Vergangenheit stellt in der Diskographie einen Bruch oder zumindest eine markante Entwicklungsstufe dar.

Das dritte Album ist das mit Abstand ausgereifteste Werk Seelenfrosts. Auf der einen Seite wurde massiv am Klang gebastelt, der nun nicht mehr so roh, schroff und grell wie auf allen Vorgängern ist. Zwischen Metamorphosis, welches ich sehr mag, auch seiner dezidierten Rohheit wegen, und dem neuen Werk, liegen klanglich betrachtet, Welten. Diese klangliche Entwicklung geht einher mit einer abwechslungsreichen Struktur, die sehr melodische und atmosphärische Elemente beinhaltet. Dies wird gleich im großartigen Eröffnungsstück Vergangenheit deutlich, in dem phasenweise sanfte Akustikgitarrenmelodien und behutsames Violoncello zu hören sind. Verträumt und schaurig schön, zumal diese atmosphärischen Elemente sehr gut mit dem Black Metal, bestehend aus greller Gitarre und rauem Kreischgesang, harmonieren. Im nachfolgenden Blinde Träumer wird das Tempo angezogen und geradlinige Schnelligkeit wechselt sich mit langsamen Strophen ab - was sich beides sehr gut anhört.

Auch wenn sich Seelenfrost in allen Belangen professioneller anhören, halten sie sehr wohl auch am Bewährten fest. Immer wieder gibt es wunderbare Gitarrenmelodien zu hören, die melancholisch und eindringlich, dabei aber auch grell und rau, manchmal gar schön dreckig, sind - genau das, was ich an Metamorphosis so mag. Das Violoncello, welches auf dem Album immer wieder zu hören ist, wurde nicht nur sehr gut gespielt, sondern auch hervorragend implementiert, sodass es bestimmte Stimmungen gut akzentuiert und unterstreicht, ohne jedoch zu sehr im Vordergrund zu stehen. Es ist ein Instrument bzw. ein Element von vielen, weshalb es den Black Metal von Seelenfrost nicht verwässert oder verweichlicht. Trotz des nicht geringen Anteils an Atmosphäre und Melancholie gibt es auch viele harte und harsche Passagen zu hören. Seelenfrost verbinden damit also Altes mit Neuem, was ich wiederrum mit dem Albumnamen verbinde. Zwischen Zukunft und Vergangenheit ist ein wunderbares Album, das abwechslungsreich und stimmungsreich ist. Härte und Atmosphäre halten sich ausgewogen die Waage - und mit beiden Spielweisen können Seelenfrost vollends überzeugen. Denn die melodischen und atmosphärischen Passagen bestechen durch überaus wirkungsvolle Arrangements, die vor allem auch durch ihre Schlichtheit so ergreifend und zupackend sind. Die schnellen und harten Parts glänzen gleichfalls durch klare aber subtile Strukturen - was mit dem guten Klang und der tollen Aufmachung der Kassette zu einem absoluten Pflichtkauf führt!

Bisherige Anhänger von Seelenfrost werden voll auf ihre Kosten kommen - zudem dürften Seelenfrost hiermit auch viele neue Hörer für sich gewinnen können. Obgleich das Jahr noch jung ist, komme ich nicht umhin zu behaupten, dass diese Kassette für mich eine der besten Veröffentlichungen des Jahres sein wird.


9/10
Aceust

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