Nach dem großartigen Debüt I folgt nun mit II das gleichfalls schlicht betitelte Nachfolgewerk. II
ist ein sehr umfangreiches und atmosphärisches Album, das den Hörer
über 77 Minuten lang abtauchen lässt. Nach dem, mit knapp zwei Minuten
eher kurz gehaltenem Einklang, folgt The thorns that I guide my warpath. Es allein dauert fast 25 Minuten und skizziert deshalb schon ganz alleine den Stand der Dinge, der für Spectral Lore
heutzutage steht. Am Anfang hämmert schnell und monoton das
Schlagzeug, begleitet von hell und grell gestimmten Gitarren, die flotte
Riffs schmettern und eine ebenso schnelle und lebendige Melodieführung
erzeugen. Ungewöhnlich und zugleich bizarr ist der Gesang der hier zu
hören ist. Er ist stark verzerrt, wird aber niemals geschrien oder
gekreischt. Vielmehr ist es ein verzerrtes Sprechen, vermischt mit
Keuch-, Zisch- und Knurrlauten. Selbstverständlich bleibt es nicht bei
der harschen und schnellen Instrumentalisierung. Schon allein in The thorns that I guide my warpath nimmt sich Spectral Lore ausgiebig Zeit, um in ruhigen und dunkelharmonischen Ambientparts zu schwelgen.
Dieses Wechselspiel zwischen metallischen Parts und Ambient besteht auch im restlichen Album fort, wobei Spectral Lore
beide Elemente jeweils vielschichtig gestaltet. Das metallische
Spektrum reicht von schleppend und bedrückend bis hin zu den bereits
beschriebenen monotonen und harschen Zuständen. Meistens sind dabei die
Gitarren das bestimmende Element, da Spectral Lore
sowohl mit verzerrten, grell klingenden Gitarrenwänden, als auch mit
klaren Gitarren und filigranen sowie melodischen Riffs arbeitet.
Besonders gut zur Geltung kommt dies in To wither in silence and dismay, einem nahezu komplett ambientfreien Stück, in dem Spectral Lore beide Formen des Gitarrenspiels zeitgleich, aber auch abwechselnd benutzt.
Die atmosphärischen Ambientpassagen sind nicht weniger
abwechslungsreich. Neben der Vielzahl an verschiedenen synthetischen
Klängen, deren Charakter von sanft und idyllisch bis hin zu düster und
verstörend reicht, sind auch Akustikgitarren zu hören, die erneut durch
schlichte Klarheit brillieren, und ähnlich erstklassig wie bei Bosse
sind.
Es ist Spectral Lore eindeutig gelungen, mit II ein weiteres Mal ein meisterhaftes Werk zu erschaffen. II
ist allerdings weitaus komplexer und detailreicher als sein Vorgänger,
der klanglich als auch strukturell roher und bizarrer ist. Deshalb ist
es für mich schwieriger, Zugang zu II zu finden, da Spectral Lore
diesmal differenzierter mit verschiedenen Stimmungen und Atmosphären
arbeitet. Ist der Zugang aber erst einmal gefunden, offenbart sich mir
großartiger Ambient-Black-Metal.
8/10
Aceust
01. Introitus
02. The thorns that guide my warpath
03. Towards the great crossroad
04. Leaving the stars far behind
05. Recoiling beneath the waves
06. Through an infinite dreamscape
07. To wither in silence and dismay
08. Where nature will not ever yield to man
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